Cirka 9250 Tage Chorgesang

Was ist 231 Tage später? Ganz ohne Musik geht es nicht. Soviel sei schon mal verraten. Ob es die Überarbeitung der Musikbibliothek, gelegentliches Klavierspielen bei Freunden, Auswahl von Musikstücken für die Hochzeit oder das Singen beim Autofahren ist. Musik und Singen sind immer dabei.

Allerdings ist so ein Chorleben durch vieles mehr geprägt als nur durch die Musik allein und somit gibt es viel, was mir ein wenig fehlt. Ich muss sagen, als ich vor kurzem hörte, es steht wieder eine Sommerproben-Freizeit-Chorwoche an, da wäre ich schon gern dabei gewesen und war drauf und dran, abends hinterher zu fahren. Leider machte mir eine Vollsperrung auf der A-Eins einen Strich durch die Rechnung. Vergessen sind die überhitzten Probensäle, das lange Sitzen auf unbequemen Stühlen, muffige Gardinen, unkonzentrierte Jungs, verstimmte Klaviere und das ständige Proben zweier Stellen, die etwas ähnlich klingen. «Bei der ersten Stelle kreuzt der Alt den Sopran, bei der zweiten Stelle der Tenor den Alt» oder so ähnlich. Aber gemeinsam etwas zu erreichen mit Jungs in allen Altersstufen, das ist schon etwas Besonderes.

Ein Privatkonzert am Abend in der Unterkunft in Barcelona, in riesigen Kirchen singen zu dürfen, Stadtrundführungen, Schwimmen gehen, ohrenbetäubende Mahlzeiten, Nachtwanderungen, in Hotels oder Jugendherbergen einchecken und das alles mit einer riesigen Rasselbande. Das sind Dinge, die man nur sehr selten im Alltag erleben kann und in gewisser Weise tut mir jeder leid, der niemals das Vergnügen gehabt hat. Ich habe in den fünfundzwanzig Jahren Chorleben vieles erlebt und vieles gesehen. Angefangen mit England – wobei ich dem Chor an dieser Stelle nahe legen möchte, dies als Ziel für eine der nächsten Chorreisen auszuwählen – weiter über Stuttgart, Budapest, Jena, München, Israel, USA – ich war auf der Erkundungsreise dabei, nicht auf der Chorreise! – Frankfurt, Berlin – in Mailand war ich nur mit meiner Frau und in Prag das erstemal bei meinem Junggesellenabschied! – Rom, Barcelona und vieles mehr. Ich durfte sogar im Hamburger Rathaus vor versammelter Mannschaft und dem regierenden Bürgermeister reden.

Hochzeit

Auch habe ich so viele Sänger kommen und gehen gesehen, dass die Idee von einem Ehemaligenchor nur logisch war, weshalb wir das jetzt versuchen in Angriff zu nehmen. Erste Proben sind bereits angelaufen, obwohl der Stamm der Ehemaligen, die sich berufen fühlen, gemessen an der Gesamtanzahl eher gering ist. Aber man soll sich nicht gleich entmutigen lassen. Ein guter Bekannter sagte mir einmal – als alles nicht so gut lief und ich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt habe, aufzuhören, ich schätze da muss ich um die sechzehn Jahre alt gewesen sein – dass mir vieles im Leben leichter fallen würde, so lange ich nur weiter sänge. Ich habe weiter gesungen. Ob mir andere Dinge deswegen wirklich leichter gefallen sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber im Nachhinein waren Abi, Ausbildung und Studium dank des Umfelds für mich machbar, und ich bilde mir ein, dass dies auch mit dem Singen zu tun hatte.

Als Sänger war es immer mein Traum, einmal auf einer Hochzeit mit dem gesamten Chor singen zu dürfen. Ich hätte nie gedacht, dass es meine eigene Hochzeit sein wird. Mitsingen kann ich zwar nun nicht, oder nur ganz leise – Was ist nun 231 Tage später? Mein Chor – für mich wird es mein Chor bleiben – singt auf meiner Hochzeit. Ich wünsche allen anderen, dass es dafür nicht unbedingt 9250 Tage Mitgliedschaft bedarf. Aber diese Zeit zu erleben und ähnliche Erfahrungen zu sammeln, das wünsche ich doch allen.

Vielen Dank für diese schöne Zeit und vielen Dank für Euer aller Geschenk am 11. August 2012!

Euer Zwergo