Ist das Kunst? Kommentar

Deutschland im Fli-Flei-Flo-Fieber. Ein eigenartiges Stück von aneinander gereihten Lauten.

Nein, dies ist kein eingedeutschter Medizintanz welcher von den Indianern überliefert und jetzt von Jürgen Drews gecovert wird, es ist auch nicht das fehlende Ende der Neunten Symphonie Beethovens, es ist keine Hintergrundmelodie eines FIFA-WM-Songs, es ist keine anthropologische Grundrhytmik der Eurythmie, und nein, es ist auch nicht Kaisers Lieblingslied, welches er zu gern unter der Dusche singt. Oder vielleicht doch?

Um diese Fragen über Fragen, wenn überhaupt, beantworten zu können, müssen wir einen etwas umfangreicheren Blick in die Glaskugel der Vergangenheit werfen.

Wir schreiben das Jahr 2011, Anfang August. Der Neue Knabenchor Hamburg befindet sich im ADS Waldschulheim Glücksburg auf seiner alljährlichen Sommerprobenfahrt. Doch er war nicht allein. Die Jugendgruppe Osterholz Scharmbeck war auch am Start, von welcher der Chor übrigens auch die allererste persönliche Fanpost bekam. Eines Abends geschah es dann. Die letzte Probe des Chores war bereits zu Ende, man dachte an nichts Böses, und dann das. Die komplette Meute aus Osterholz war nicht mehr zu halten. Ein Mädchen hat vorgesungen, alle anderen kamen mit einem unglaublichen Karacho an Stimmvolumen und einheitzendem Geklatsche auf Oberschenkel und Händen hinterher: «Fli, fli flei flo, wiste, gummela gummela gummela wiste, o nono nono la wiste, ene mene jesse mene u wau wau mene, jesse mene solo mene u wau wau, bit bil jotten dotten bu butten ditten datten sch uh ah, eh di joppen doppen do doppen lari fari schuri fari sch uh ah.» Sehr schön, bravo! Schön genug jedenfalls um weitere Recherchen anzustellen.

Als sich die Synkoperedaktion inkognito deswegen ein bisschen im weltweiten Netz umgesehen hatte, kam man zu erstaunlichen, wie auch etwas beängstigten Suchergebnissen, doch auch hier ist man sich nicht wirklich sicher, womit man es genau zu tun hat. Zu erst sei gesagt, dass nicht nur eine, sondern hunderte verschiedener Versionen dieses Liedleins im Netz kursieren. Genaueres aber fand man auf der Internetseite yadooda.de, eine Seite, die unter anderem eine Reihe «Spiele» anbietet. Laut yadooda.de hat man es bei «Fli Flei Flo», hier wiederum in etwas abgeänderter Version angeboten, mit einem sehr actionreichen Spiel zu tun, welches sich besonders durch seinen garantiert hohen Spaßfaktor auszeichnet. Allerdings müsse man die Altersbeschränkung von sieben bis siebzig Jahren beachten, so steht es auf yadooda.de. Werte Leser, wahrscheinlich denken Sie jetzt, die Synkoperedaktion ist einfach nur sensationsgeil und hat unglaublichen Spaß daran, sich über bestimmte Aktivitäten von Jugendgruppen aus Osterholz Scharmbeck auf einer Sommerfreizeit lustig zu machen.

Doch so ist es nicht. Selbst wenn es sich mit dem Spuk «Fli Fla Flo» nur um irgendein Hirngespinst eines yadooda.de Users handelt, welcher aus purer Langweile die unverständlichen Worte seines Sohnes aufgeschrieben hat und dieses Werk als sein Eigenes verkauft, so kommt es erstaunlich gut an.

Wenn man die Seite etwas runterscrollt, so sieht man einige Beiträge von weiteren yadooda.de-Benutzern, welche ihre Anregungen und Spielerfahrungen aus womöglich noch größerer Langweile, aufgelistet haben:

Joggel gab dem Spiel die Note Eins und kommentierte: «Super gut! Nach unserer letzten Gruppenstunde laufen alle nur noch mit dem Spruch rum! *g*» – yadooda.de

Judithla gab dem Spiel die Note Drei und kommentierte: «Ich kenne das anders und finde das was ich kenne besser» – yadooda.de

Sehen Sie? Fli-Flei-Flo ist pädagogisch wertvoll, in Gruppenstunden gut einsetzbar, und damit es nicht langweilig wird, auch prima zu variieren.

Ein paar wirklich interessante Fakten, doch es lässt sich resümieren, dass wir leider keine wirklich passende Antwort auf die anfänglich gestellte Frage gefunden haben. Diese Suche sollte man dann vielleicht doch lieber den wirklichen Experten von Galileo Mystery oder Aktenzeichen XY ungelöst, überlassen.

Eins ist jedenfalls klar: es betrifft nicht nur die Stars aus der Weltmetropole Osterholz-Scharmbeck, nein, es betrifft uns alle, und wie.