Kammerchorwochenende

Anreise

Die idyllische Kleinstadt Bad Segeberg erweckt im allgemeinen zwei Assoziationen: Zum einen die jährlich in den Sommermonaten stattfindenden Karl-May-Festspiele, dazu später mehr, zum anderen das große Möbelhaus Möbelkraft, welches bei einigen Sängern grauenvolle Erinnerungen an stundenlange Märsche durch selbiges, bei anderen jedoch ein positives, erheiterndes Gefühl hervorriefen, da ein Besuch dort meist mit neuen Artikeln der Möbelbranche verbunden ist.

Um diesen zwiespältigen Ort kamen einige der Anreisenden vor der Ankunft in der Jugendherberge nicht herum, da sowohl Florian, als auch Alexander vergessen hatten Handtücher einzupacken. Es wurde also von der Gruppe in Jans Auto beschlossen etwas an dieser Situation zu ändern und fehlende Artikel in besagtem Möbelhaus zu kaufen.

Da Möbelkraft ein Kaufhaus der größeren Kategorie repräsentiert, gab es nicht nur Handtücher, sondern gleich viele verschiedene Größen mit noch mehr unterschiedlichen Bezeichnungen, nach Größe sortiert: Handtücher, Duschtücher und Badetücher. Nach ausführlicher Diskussion über Farbe und Größe und dem Kauf von roten und blauen Duschtüchern wurde die Fahrt gen Jugendherberge fortgesetzt.

Kein Klavier, Kein Klavier!

Die erste Probe begann am freitagabend später als geplant. Nachdem wir die halbkreisförmige Stuhlreihe im Probenraum aufgebaut hatten, fehlte nur noch eine Kleinigkeit, die wir zum Proben brauchten: ein Klavier. Eine Auswahl der Teilnehmer des Probenwochenendes ging zur Rezeption, um zu erfragen, wo denn wohl das Klavier stehe, welches nach Ansicht unseres Organisationsteams und der anfänglichen Meinung des Rezeptionsmädels gebucht worden war. Dies stellte sich allerdings als falsch heraus.

Als wir nun zur Rezeption gingen, teilte man uns mit, dass das Klavier von dem anderen Chor gebucht worden war, der auch ein Probenwochenende veranstaltete. Da die Jungendherberge auch über kein weiteres Klavier, Keyboard oder sonstiges Gerät verfügte, mussten wir uns etwas einfallen lassen.

Da kam Max die Erkenntnis, dass er auf seinem iPad doch eine Klavier-App habe und diese durch Florians Box verstärkt einen ganz passablen Klavierersatz bieten würde. So benutzten wir das iPad als Klavier.

Ab samstagmorgen konnten wir das richtige Klavier benutzen, da der andere Chor ein Wochenendchor war, der nur am Freitag proben musste und die nächsten Tage nicht in der Jugendherberge verbrachte, da sie zu ihren jeweiligen Auftrittsorten unterwegs waren.

Wo bleibt Olav Trygvason?

Um die Eltern, die beim Lesen dieser Überschrift einen furchtbaren Schreck bekommen haben zu beruhigen: Nein! Olav Trygvason ist kein Sänger, den wir über das Wochenende verzweifelt suchten! Doch neben der Frage nach dem Klavier spielt diese Frage während des Probenwochenendes eine zentrale Rolle, doch lassen sie mich vorne beginnen.

Natürlich widmeten wir uns neben dem Kaufen von Badetücher und der Beschaffung des Klaviers auch unserem Hauptwerk im Chor: Dem Gesang, wobei sich während des Wochenendes durchaus unterschiedliche Hits herauskristallisierten: Zum einen stellten wir uns musikalisch immer wieder die Frage: «Kommer ikke Olav Trygvason?» zu Deutsch: Wo bleibt Olav Trygvason? oder: Kommt Olav Trygvason nicht? Nun wer ist dieser mysteriöse Olav Trygvason, auch genannt die lange Schlange?

Lassen Sie uns dazu einen Blick in die Vergangenheit richten, genauer gesagt in das Jahr 1000 nach Christus. In diesem Jahr endete die Regentschaft Trygvasons, des Königs von Norwegen, genauso wie dessen Leben, denn er fiel bei einer Seeschlacht gegen eine Allianz aus Dänemark und Schweden. Der Sage nach wartete die Flotte nun vergebens auf das eintreffen ihres Königs und fragte sich die berühmte Frage: Wo bleibt Olav Trygvason?

Den zweiten Hit des Wochenendes landete ein Stück, welches im Gegensatz zum Trygvason noch nicht in den Kanon des Chores aufgenommen wurde, das Fabelhafte Stück: «Bernd am Grill» von der Band Hasen – leider widerspricht der zweite Teil des Namens der Band dem Bildungsauftrag der Synkope.

Damit Sie, verehrter Leser, einen Eindruck dieses musikalischen Meisterwerks für Grillpartys jeglicher Art bekommen, folgt hier nun der Refrain des Stückes:

Ick hab die Schürze um ick dreh die Würschte um ick bin der Bernd und steh am Grill und mit’m Bierchen inna Kralle grill ick, imma würd it alle Fleisch und Würschte grilln is allet wat ick will.

Wie Sie lesen können, ist dieses außergewöhnliche Werk nicht nur musikalisch, sondern auch lyrisch ein Meisterwerk der Extraklasse und kann getrost in einem Atemzug mit Werken von Schiller oder Goethe genannt werden. Dieses Stück wurde außerhalb der offiziellen Proben rezitiert, meist aber nur gegrölt.

Synkope Tip: Googlen Sie dieses Werk einfach mal und lassen Sie es auf sich wirken. Wir versprechen Ihnen, es wird Sie nicht mehr loslassen.

Im Wilden Westen

Die schon angesprochene zweite Sehenswürdigkeit der Stadt Bad Segeberg, die Karl-May Festspiele am Kalkberg, zeigten sich in ihrer Bedeutung schon im Namen der Jugendherberge, die, kreativ wie die Holsteiner nun einmal sind, Karl-May-Jugendherberge hieß. Jedoch liegen Sie völlig falsch in der Annahme, dass dies schon das Ende des Kapitels wäre! Denn der Name manifestierte sich auch in der Innenausstattung der Herberge, nämlich insofern, dass alle Wände mit ausgemusterten, älteren Plakaten der Festspiele vollhingen, zudem wurden wir mit einem schönen Blick auf den Kalkberg belohnt. Ansonsten allerdings glich die Jugendherberge ziemlich stark anderen Jugendherbergen in Deutschland: Große, einfache Zimmer, einfache Möbel und einfaches Essen.

Die samstägliche Mittagspause nutzten wir gemeinsam, nach kurzer Diskussion über das Ausflugsziel, für einen Ausflug auf den Kalkberg. Wir bestiegen den Gipfel des für schleswigholsteiner Verhältnisse sehr hohen Berges. Von oben hatte man einen tollen Blick über das Freilufttheater. Da viele der Sänger diesen wunderbaren Ort mit den lauten Schüssen, dem Geklapper der Pferdehufe und Schreien von edlen und nicht ganz so edlen Männern vernommen hatten, waren sie gebannt von den Erzählungen der anderen, die hier schon Schauspiele gesehen hatten.

Doch langsam ging die Pause zu ende und so machten wir uns an den Abstieg und fuhren zur Jugendherberge zurück.

Abreise

Die Abreise am Sonntag verlief dann sehr routiniert nach Plan und ohne Hektik, was bei den vielen erfahrenen Männern auch kein Wunder war. Einige wurden von Ihren Eltern abgeholt, andere organisierten sich einen Platz in Jans oder Alexanders Auto und so kamen alle, nach einem schönen und etwas anderem Probenwochenende, heil und gesund in Hamburg an.