Amsterdam. Reisetagebuch

Montag, 30. September 2013

Jacob Helbig

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Um sieben Uhr morgens kamen die ersten Sänger zur legendären Shelltankstelle am Dammtor, genau die Tankstelle von der aus der Neue Knabenchor Hamburg immer auf Reisen fährt. Um fünf vor acht Uhr waren dann alle im Bus. Die Anwesenheit wurde überprüft und geklärt, wer an welchem Tag die Tagebucheinträge für die Synkope schreibt, die Sie gerade lesen. Dann begann die Fahrt, die ungefähr fünf bis sechs Stunden dauerte, gefühlt allerdings doppelt so lang. Um schätzungsweise vierzehn Uhr waren wir dann da. Es wurde angesagt, dass es ein sechser und zwei siebener Zimmer gäbe. Nachdem sich alle in ihren Zimmern eingerichtet hatten, gab es Zeit zur freien Verfügung, in der die ersten Soprane sich das Internetpasswort von der Rezeption holten. Dies Taten sie wahrscheinlich auf Denglisch: «Can I have ze internet password, please?». Um siebzehn Uhr gingen wir alle gemeinsam in die Stadt, zum Abendessen um neunzehn Uhr waren wir wieder zurück. Danach spielten einige Knaben «abbacken». Um halb zehn kamen dann die letzten Knaben in die Zimmer, machten sich bettfertig und um zehn Uhr machte es dann in den Knabenzimmern «Knips», was die Lampe macht, wenn man sie ausschaltet.

Dienstag, 1. Oktober 2013

Paul Keibel

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Wir standen um sieben Uhr auf und frühstückten. Dann machten wir mit dem Bus eine Stadtrundfahrt durch Amsterdam. Dabei sahen wir viele Grachten und Museen. Nach der Stadtrundfahrt mit dem Bus liefen wir zu Fuß in die Innenstadt, weil dort die Straßen so eng sind, dass der Bus nicht hineinfahren kann. Nach der Stadtführung hatten wir Zeit zur freien Verfügung, bevor wir alle in ein Restaurant Pfannkuchen essen gingen. Als alle aufgegessen hatten, fuhren wir mit dem Bus nach Den Haag. Auch dort machten wir eine Stadtrundfahrt mit dem Bus und sahen uns den Palast und das Haus an, in dem die Pferde des Königs stehen. Unsere Reiseführerin hat uns viele Sachen über Den Haag erzählt. Zum Schluss fuhren wir noch zum Strand.

Mitwoch, 2. Oktober 2013

Santiago Alcazar de Velasco

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Nachdem wir gefrühstückt hatten, sollten wir uns für das Konzert in der Westerkeerk fertig machen. Zu unserem Erstaunen sind wir dort nicht mit unserem Bus hingefahren, sondern mit der Tram. Wir haben dann von elf bis zwölf Uhr dreißig in der Kirche geprobt. Nach der Probe hatten wir noch eine halbe Stunde, um uns die Kirche anzusehen. Was mich besonders an der Kirche fasziniert hat war, dass in den Boden der Kirche rechteckige Grabsteine gebaut waren. Außerdem gab es in der Kirche ein großes Gemälde mit der Skyline von Amsterdam. Nach dem Konzert hat sich der Chor vor der Kirche nochmal aufgestellt, damit Fotos gemacht werden konnten. Dann haben wir einige Stücke gesungen und schon bald sind viele Menschen stehen geblieben und haben uns zugehört. Danach hatten wir etwas Freizeit, um in die Stadt zu gehen und etwas zu kaufen.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Imanuel Aurich

Da redet man einmal während der Ansage und schon muss man Tagebuch schreiben. Jan ist wirklich sehr streng. Allerdings ist das Schreiben für das Reisetagebuch gar keine Strafe, sondern maximal eine Konsequenz und dazu wirklich keine schlechte. Tische abräumen wäre wesentlich unangenehmer gewesen. Das durften dann nach dem Frühstück diejenigen tun, die die geniale Erfindung der Jacke auch nach neun Lebensjahren und drei Tagen Konzertreise immer noch nicht zu schätzen wussten.

Der erste Programmpunkt der heutigen Tagesplanung schrie aber förmlich nach Jacken, denn wir freuten uns alle auf die berühmte Grachtenfahrt. Nachdem wir überlegt hatten, ob wir eine Grachtenfahrt in Konzertkleidung riskieren konnten, ohne von japanischen Reisegruppen überrannt zu werden, schlüpften alle in die grauen Pullover, Anzüge und Jacken und es ging zur Straßenbahn.

Eine Gruppenkarte, griech. Grupposkartesis, ist ein gegen Entgelt zu erhaltender Papiergegenstand, der mehrere Personen zur Mitreise im öffentlichen Nah- und Fernverkehr berechtigt, außer in den Niederlanden.

Es gab nicht nur achtundzwanzig Einzeltickets. Es gab achtundzwanzig Einzeltickets, die im Berufsverkehr in einer Straßenbahn, die zum Hauptbahnhof fuhr, gekauft und abgestempelt werden mussten. Innerhalb von zehn Minuten. Die ersten zwei Minuten gingen drauf um die Tickets zu kaufen. Die nächsten zwei um sie zu verteilen, zumindest einen Teil. Wieder die nächsten zwei um die verteilten wieder einzusammeln um dann alle in den verbleibenden vier Minuten abzustempeln. Während das Abstempelsystem immer ausgeklügelter wurde und sich hier und dort Schweißperlen ihren Weg bahnten, bahnte sich das Gerücht den Weg, man müsse die Tickets nicht nur nach dem Einsteigen entwerten, sondern sich auch beim Aussteigen wieder ausstempeln. Jenes Gerücht stellte sich als Tatsache heraus und aus den Schweißperlen wurden Sturzbäche.

Gewillt, den Ansprüchen der niederländischen Gründlichkeit gerecht zu werden, begangen wir beim Aussteigen erneut dieses herrliche «Bing» zu erzeugen, das entsteht wenn in Amsterdam gestempelt wird. Die Bahn hielt, und zwar an der Grenze der noch zu ertragenden Genauigkeit, selbst für Deutsche. Und so kam es, dass wir uns nicht ausstempelten. Noch heute sucht man in den Amsterdamern Verkehrsbetrieben nach diesem deutschen Knabenchor. Der muss doch da irgendwo noch sein, der hat sich doch nicht ausgestempelt –

Dann ging es auf die Gracht. Für einen Moment tat es mir leid, dass ich mit den Jacken so genau gewesen war. Und wenn sie nicht gar sind, singen sie noch heute. Was vorher so nach Jacke schrie, schrie nun nach Eis am Stiel. Während wir so dahin glitten gab es zu jeder Sehenswürdigkeit eine Durchsage auf Deutsch, Englisch und Französisch, von der Schütti nur bedingt etwas mitbekam. Hatte doch seine ultra lässige Art den ein oder anderen Knaben nicht zu den Sehenswürdigkeiten, sondern zu ihm aufblicken lassen, sodass er gut durch Fragen ausgelastet war, die den Schutz der Privatssphäre nicht unbedingt als Grundrecht mit sich trugen.

Nach der Grachtenfahrt überraschten wir einen glücklichen Pizzeriabesitzer mit der Ankündigung in dreißig Minuten zum Mittagessen kommen zu wollen. In kleinen Gruppen schlenderte man durch die Amsterdamer Modehäuser und Souvenirläden oder suchte komplette dreißig Minuten eine Post um keine zu finden. Die Pizzen waren lecker und jeder war zufrieden. Besonders die Krawatten, die den Restaurantbesuch unbeschadet überstanden hatten.

Nun ging es direkt in die Oude Kerk, eine wunderschöne wirklich, wirklich oude Kirche! Hier ein Schiffchen, da ein Schiffchen und keine Heizung. Aber beeindruckend, nicht zuletzt weil sie auf dem Grund eines früheren Friedhofs bebaut wurde und der Boden von Gräbern übersät ist. Die Probe verlief ruhig, zumindest ruhiger als das Konzert. Das Konzert konnte nicht wie geplant ohne Eintritt veranstaltet werden, da die Kirche nicht auf die Einnahmen durch die Besichtigenden verzichten wollte. Und so kamen und gingen die Leute während die Jungs davon unbehelligt ihr bestes gaben. Es kleckerte nicht gerechtfertigter Applaus durchs Gewölbe. Nicht gerechtfertigt, weil tosender Applaus und trampeln angebracht waren, aber das ging ja nicht, wegen der Gräber. Der Chor sammelte sich noch einmal kurz vor der Kirche, die umringt ist von Schaufenstern, in denen Frauen Mittagsschlaf machen, und teilte sich dann in Männer- und Knabenchor auf. Da die Männer schon länger nichts mehr als eigenständige Gruppe unternommen hatten, gingen wir ins Anne Frank Haus. Ein Ort der einen ruhig und nachdenklich stimmt und dennoch wachrüttelt.

Später trafen sich alle wieder zum Abendessen im Hostel und schon bald darauf kehrte Ruhe auf den Zimmern ein. Natürlich nicht, ohne vorher noch die Würfel im iPhone geschüttelt zu haben.

Freitag, 4. Oktober 2013

Per Jörling

Nachdem wir um sechs Uhr dreißig aufgestanden sind, hatte man sich mehr oder weniger frohen Mutes in die gefühlt drei Kilometer lange Frühstücksschlange gestellt und gewartet, gewartet auf drei Scheiben Toast und einen Kaffee, denn mehr Zeit hatten wir diesen Morgen nicht, es stand ja noch einiges bevor. Später dann, als alle fertig waren, genüsslich ihre Toastbrotscheiben zu zermalmen, machte man sich auf zum Bus.

Zur Busfahrt selber gibt es eigentlich nicht allzu viel zu sagen, fühlte sich an, wie sich so eine Busfahrt eben anfühlt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Unser treuer Busfahrer Jürgen hatte uns auf jeden Fall sicher nach – wohin noch mal – ach ja, Rotterdam gefahren.

Wir konnten kaum erwarten endlich aufstehen zu können, um dieses Rotterdam zu besichtigen- doch es kam alles anders. Anstatt anzuhalten und auszusteigen, hielt Jürgen zwar an, ließ aber jemanden einsteigen. Dieser jemand war unsere erste richtige holländische Bekannte, welche wohl auch offiziell eine so genannte Fremdenverkehrsführerin ist. Antje leitete jedenfalls Jürgen samt Bus und Insassen durch die atemberaubende Nachkriegsarchitektur von Rotterdam, und so wie es einst die Stadt verschlug, verschlug es uns den Atem, als Antje uns all die «schönen» Architektursünden zeigte. Antje nahm dies aber alles mit Humor und sorgte für eine heitere Stimmung, auch in den letzten Reihen des Busses. Ihre Witze und Ausstrahlung müssen wohl echt gut gewesen sein.

Wenn es am schönsten ist, muss man ja bekanntlich aufhören, also verabschiedeten wir uns von Antje und fuhren weiter, plötzlich war es wieder ganz ruhig im Bus, gen Deutschland. Nach einem kurzen Stop bei Burger King kamen wir gegen zweiundzwanzig Uhr wieder in Hamburg an.

Wir verabschiedeten uns von Jürgen und stiegen aus. Eine unvergessliche Reise ging somit zu ende.